– Ein persönlicher Erfahrungsbericht von Milena I.-S. –
Mein Weg zur Mutterschaft war nicht nur eine Reise der Vorfreude und Liebe, sondern auch eine des Kampfes und der Frustration. Als lesbisches Paar in Deutschland ein Wunschkind zu bekommen, ist ein steiniger Pfad voller rechtlicher Hürden, die für heterosexuelle Frauen mit Kinderwunsch schlicht nicht existieren.
Die Rechtslage: Ungleichbehandlung im Abstammungsrecht
In Deutschland wird nach §1591 BGB nur die gebärende Frau automatisch als Mutter anerkannt. Die Ehefrau oder Partnerin dieser Mutter wird nicht kraft Gesetz Mit-Mutter – trotz der Einführung der „Ehe für alle“ im Jahr 2017 wurde das Abstammungsrecht nicht angepasst. Ein Kind, das in eine lesbische Partnerschaft hineingeboren wird, hat somit zunächst nur einen rechtlichen Elternteil – die Geburtsmutter. Die Co-Mutter kann die Elternschaft lediglich durch eine Stiefkindadoption erlangen.
Besonders problematisch ist die Lage für unverheiratete Paare: Während heterosexuelle Männer die Vaterschaft sofort anerkennen können, müssen lesbische Partnerinnen vier Jahre in einer „verfestigten Lebensgemeinschaft“ nachweisen, bevor sie das Kind adoptieren dürfen. Das bedeutet jahrelange Unsicherheit für das Kind und die Familie – eine Hürde, die in vielen europäischen Nachbarländern längst abgeschafft wurde.
Stiefkindadoption: Ein entwürdigender Prozess
Das Adoptionsverfahren ist aufwändig und belastend. Die soziale Mutter muss zahlreiche Formalitäten durchlaufen, darunter Gehaltsnachweise, Führungszeugnisse, Gesundheitsauskünfte und einen umfangreichen Lebensbericht. Ein Hausbesuch durch das Jugendamt ist üblich, in dem die Bindung zum eigenen Kind überprüft wird – eine Prozedur, die viele als entwürdigend empfinden. Dabei steht längst fest: Dieses Kind hat zwei Elternteile, nur fehlt einem der offizielle Stempel. Und während ein heterosexueller Vater nicht beweisen muss, dass er für ein Kind sorgen kann, müssen lesbische Mütter ihre Erziehungsfähigkeit unter Beweis stellen – eine Doppelmoral, die an Absurdität kaum zu übertreffen ist.
Schlimmer noch: Bis zum Abschluss der Adoption hat das Kind offiziell nur einen Elternteil. Sollte der leiblichen Mutter etwas zustoßen, wäre es rechtlich ein Waisenkind. Im schlimmsten Fall könnte das Jugendamt es sogar vorübergehend in ein Heim geben, anstatt es automatisch bei der zweiten Mutter zu belassen. Diese Unsicherheit ist nicht nur belastend, sondern eine echte Gefahr für queere Familien.
Ein persönlicher Kampf
Als ich und meine Frau unser Kind bekamen, wurde mir bewusst, dass ich für mein eigenes Kind erst kämpfen musste. Während heterosexuelle Väter ohne Prüfung als Eltern anerkannt werden, musste ich vor dem Jugendamt beweisen, dass ich eine „geeignete“ Mutter bin. Wir mussten uns Fragen stellen lassen, die einfach nur absurd waren – etwa ob unser Kind männliche Bezugspersonen in seinem Umfeld habe oder „nur unter Frauen“ aufwachse. Dabei wird keine heterosexuelle Familie gefragt, ob das Kind genug weibliche Vorbilder hat. Diese Art der Befragung ist nichts anderes als eine subtile Form der Diskriminierung.
Ich war derart verunsichert, dass ich aufgrund einer starken Kniearthrose mein eigenes Kind nicht zugesprochen bekomme und in meiner Verzweiflung wandte ich mich an den LSVD und erhielt Unterstützung von Manfred Bruns, einer bedeutenden Figur der deutschen LGBTQ+-Bewegung. Er bestärkte mich darin, dass das Jugendamt ein Verfahren durchführte, das in dieser Situation nicht bindend sei. Sein Rat, bestimmte Dokumente einfach nicht einzureichen, führte schließlich zum Erfolg. Doch es zeigt, wie willkürlich und diskriminierend dieser Prozess ist.
Fehlende Gleichstellung und anhaltender Widerstand
Obwohl 2017 die Ehe geöffnet wurde, blieb der automatische „Mit-Eltern“-Status für lesbische Paare aus. Rechtsverbände und Initiativen wie „Nodoption“ fordern seit Jahren eine Reform. 2024 legte das Bundesjustizministerium endlich Eckpunkte für eine Neuregelung vor, doch bis zur Umsetzung bleibt der diskriminierende Status quo bestehen. Während sich die Politik Zeit lässt, kämpfen queere Familien weiterhin um Rechte, die ihnen längst zustehen sollten.
Sie sehen, dass es noch eine Vielzahl an Gründen gibt auf die Straße zu gehen und deswegen hier die Information, dass am historischen Datum der Stonewall-Aufstände in Heidelberg am Samstag, den 28. Juni 2025, wieder der Dyke*March Rhein-Neckar stattfindet. Ab 14 Uhr startet die Demonstration auf dem Karlsplatz, um lesbische Sichtbarkeit zu stärken und für Gleichberechtigung einzutreten.
Falls du als Mutter keine Zeit hast, auf die Straße zu gehen, aber dennoch dein seelisches Gleichgewicht bewahren möchtest: FluidFeme ist ein neuer Raum für lesbische Frauen mit psychischen Herausforderungen, die durch Kunst und Selbstreflexion, Identität und persönliches Wachstum fördern. Zudem verschenke ich Ausschnitte aus einem erotischen Mandala-Journal für lesbische Frauen. Die Community und das Journal sind noch im Aufbau. Schreib einfach eine E-Mail an miedify.tech@gmail.com und du wirst auf die Warteliste mit aufgenommen und das Mandala-Journal wird dir auf Wunsch kostenlos zugesendet – es lohnt sich!