Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Freiburg, 24. Januar 2019

PRESSEMITTEILUNG

Die Akzeptanz der Geschlechts- und Liebesvielfalt gewinnt Stärke, indem wir aus der Geschichte lernen. Daher brauchen wir historische Forschung für Alle!
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Auschwitz steht symbolhaft für millionenfachen Mord, vor allem an Menschen mit der Zuschreibung „jüdisch“ wie auch an Menschen anderer Opfergruppen, die durch die nationalsozialistische Diktatur bekämpft, unterdrückt und verfolgt wurden.

Zum diesjährigen Tag des Gedenkens an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur erinnert das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg insbesondere an das Leid lesbischer, schwuler, bisexueller, transgender, transsexueller, intersexueller und queerer (LSBTTIQ) Menschen. Wegen ihres Geschlechts und/oder wegen ihrer Liebe und Sexualität wurden sie in der Zeit des Nationalsozialismus ausgegrenzt, unterdrückt und entwürdigt. Dabei konnten sich die „braunen Machthaber“ auf Jahrhunderte alte patriarchalische und religiöse Vorurteile über die angebliche „Unnormalität“ und „Widernatürlichkeit“ stützen.
Die Opfer mahnen, aus der Geschichte zu lernen und sich für die Überwindung dieser Vorurteile und für eine nachhaltige Stärkung der Akzeptanz menschlicher Geschlechts- und Liebesvielfalt einzusetzen. Nie wieder dürfen rechtspopulistische und neonazistische Kräfte eine Chance erhalten, an ausgrenzende und diskriminierende Geschlechts-, Sexualitäts- und Familienbilder anzuknüpfen und für ihre demokratiefeindlichen Zwecke zu nutzen.

In den letzten Jahren konnten erste, wichtige Erfolge bei der Aufarbeitung und Darstellung der Ausgrenzungs- und Verfolgungsgeschichte von LSBTTIQ Menschen erzielt werden. Dafür stehen die Beispiele des außeruniversitären Internetprojekts www.der-liebe-wegen.org, die neue Dauerausstellung im ehemaligen Gestapo-Gebäude „Hotel Silber“ in Stuttgart oder der Beginn einer längerfristig angelegten Aufarbeitung der Geschichte von LSBTTIQ durch die Universität Stuttgart, Abteilung Neuere Geschichte. Wir begrüßen eine Fortführung dieses universitären Ansatzes ausdrücklich und erwarten gleichzeitig eine Ausrichtung des Projekts, die der Vielfalt der angesprochenen Bevölkerungsgruppen tatsächlich gerecht wird.

Die besondere Problematik, Quellen aufzufinden, aber auch patriarchalische Strukturen und Gewohnheiten an den Universitäten tragen mit dazu bei, dass die Aufarbeitung und Darstellung des NS-Unrechts an lesbischen und bisexuellen Frauen und transsexuellen, transgender oder intersexuellen Menschen sowie die Erforschung der Zusammenhänge und Wechselwirkung zwischen Frauenbewegung und LSBTTIQ-Emanzipationsbewegung bislang besonders defizitär ist und es hier einen besonderen Handlungsbedarf gibt. Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg tritt daher für eine gezielte Förderung dieser Forschungsbereiche ein.

 

Über das Netzwerk: Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queeren (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen. Das Netzwerk zeigt damit bereits die Vielfalt und die Vielgestaltigkeit von Geschlecht und sexueller Orientierungen. Ziel des Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen LSBTTIQ-Mitgliedsgruppen auf Landesebene zu fördern und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren, zu zentralen Themen gemeinsame Positionen zu erarbeiten und gegenüber landespolitischen Entscheidungstragenden zu vertreten. Dabei greift das Netzwerk auf die vorhandenen Kompetenzen und Expertisen der Mitglieder zurück. Die Bündelung der Aktivitäten vor Ort erbringt Synergieeffekte, die den gesellschaftlichen Beitrag der Mitgliedsgruppen wirkungsvoller gestaltet. Die Eigenständigkeit jedes Mitglieds wird respektiert und alle Mitglieder arbeiten gleichberechtigt.

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LSBTTIQ: Die Abkürzung steht für einzelne Richtungen in der vielfältigen Regenbogen-Gemeinschaft – lesbisch (L), schwul (S), bisexuell (B), transgender (T), transsexuell (T), intersexuell (I), queer (Q).