Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg unterstützt Bildungspläne, die Raum für Vielfalt schaffen

Freiburg, den 14. Oktober 2014
PRESSEMITTEILUNG

Alle Schülerinnen und Schüler sollen in einer wertschätzenden, aufgeklärten und diskriminierungsfreien Umgebung lernen können.

Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg begrüßt die Bestrebungen der Landesregierung die Leitperspektive „Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ in die Bildungspläne zu integrieren. Schule soll dadurch auch zu einem Ort werden, an dem zukünftig diskriminierungsfrei und angstfrei in einer aufgeklärten Atmosphäre über geschlechtliche und sexuelle Vielfalt gesprochen werden kann. Denn auch an Baden-Württembergs Schulen gibt es lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, transsexuelle, intersexuelle und queere Schülerinnen und Schüler.

Die Vielfalt von Geschlecht und die Vielfalt sexueller Orientierungen gehört zur alltäglich erlebten gesellschaftlichen Realität. „Schule sollte Kindern und Jugendlichen sachliche Information und die Gelegenheit zum achtsamen Austausch bieten“, erläutert Angela Jäger, Mitglied des Sprechendenrats des Netzwerks. „Unsere Gesellschaft braucht diese Aufklärung dringend als Teil einer Erziehung hin zu echten demokratischen und pluralistischen Grundwerten, wie sie für alle verbindlich in unserer Verfassung formuliert sind.“ Das Land hat dazu einen klaren Bildungsauftrag. Dieser muss auch deutlich und explizit in den neuen Bildungsplänen zum Ausdruck kommen.

Dabei soll zukünftig in Schulen besonders das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen, wie Isabelle Hlawatsch, ebenfalls Mitglied des Sprechendenrats des Netzwerks, erläutert. Sie nennt auch gleich ein konkretes Beispiel dafür: „Eltern sollen sich nicht um das Wohlergehen ihres transsexuellen Kindes sorgen müssen, nur weil sich dieses in der Schule nicht ständig verleugnen will.“ Und sie wiederholt noch einmal die Forderung des Netzwerks LSBTTIQ: „Ein respektvoller Umgang mit allen Menschen und ihren Lebensrealitäten ist unabdingbar und gehört dringend in den Bildungskanon unserer Schulen.“

Mit der geplanten Reform der Bildungspläne bekennt sich das Land zu einer modernen und pluralen Gesellschaft, auf die Kinder und Jugendlichen angemessen vorbereitet werden sollen. Wie bei jeder Reform gibt es aber auch widerstreitende Meinungen. Das Netzwerk ruft alle Beteiligten zu einer inhaltlichen und sachlichen Auseinandersetzung auf.

Eine Demonstration, die sich gegen die Bildungsplanreform wendet, könnte Teil einer solchen Auseinandersetzung sein. Die sogenannten Bildungsplangegner_innen stellen sich dabei gegen Bildungspläne, in denen eine Kultur der Vielfalt vermittelt wird. Dabei werden häufig erfundene Schlagworte wie „Gender-Ideologie“ oder „Sexualpädagogik der Vielfalt“ verwendet und der Vorwurf einer „Frühsexualisierung“ von Kindern konstruiert. Diese Bilder sind unangemessen und zeigen, wie dringend nötig Aufklärung und realitätsnahe Faktenvermittlung über Vielfalt in unserer Gesellschaft sind. Sie machen aber auch deutlich, dass es wichtig ist die Öffentlichkeit über den stattfindenden Prozess der Bildungsplanreform regelmäßig und transparent zu informieren. Wie notwendig zudem eine am Thema ausgerichtete Diskussion ist, zeigt auch die unglaubliche Forderung der Bildungsplan-gegner_innen, Kinderrechte nicht in der Verfassung zu verankern.

Das Netzwerk ist sehr befremdet darüber, dass keine sachliche Auseinandersetzung zu Inhalten gesucht wird. Grundsätzlich begrüßt das Netzwerk jede friedliche und freie Meinungsäußerung; selbstverständlich haben Bildungsplangegner_innen das Recht Ihre Meinung kund zu tun. Die Straße scheint uns jedoch hierzu nicht der geeignete Ort für eine inhaltliche und sachliche Auseinandersetzung zu sein. Das Netzwerk erwartet zudem von allen Beteiligten gegenseitigen Respekt und die Wahrung der Menschenrechte.

Über das Netzwerk: Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queer (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen. Das Netzwerk zeigt damit bereits die Vielfalt und die Vielgestaltigkeit von Geschlecht und sexueller Orientierungen. Ziel des Landesnetzwerks ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen LSBTTIQ-Mitgliedsgruppen auf Landesebene zu fördern und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren, zu zentralen Themen gemeinsame Positionen zu erarbeiten und gegenüber landespolitischen Entscheidungstragenden zu vertreten. Dabei greift das Netzwerk auf die vorhandenen Kompetenzen und Expertisen der Mitglieder zurück. Die Bündelung der Aktivitäten vor Ort erbringt Synergieeffekte, die den gesellschaftlichen Beitrag der Mitgliedsgruppen wirkungsvoller gestaltet. Die Eigenständigkeit jedes Mitglieds wird respektiert und alle Mitglieder arbeiten gleichberechtigt.

Kontakt zum Sprechendenrat: sprechendenrat@netzwerk-lsbttiq.net
Mehr Informationen zum Netzwerk: www.netzwerk-lsbttiq.net
Netzwerk bei Facebook: www.facebook.com/lsbttiq

LSBTTIQ: Die Abkürzung steht für die einzelnen Richtungen in der vielfältigen Regenbogen-Gemeinschaft – lesbisch (L), schwul (S), bisexuell (B), transgender (T), transsexuell (T), intersexuell (I), queer (Q). Diese Vielfalt sollte wo auch immer möglich sprachlich sichtbar gemacht werden.