Zurück auf Los? Deutschland in Zeiten der Demo für “Besorgte Eltern“

Freiburg, den 6. März 2015

PRESSEMITTEILUNG

Am 8. März sichtbar sein, damit klar bleibt: Niemand kann von mir etwas verlangen oder mir etwas verbieten, allein weil ich eine Frau, ein Mann, oder keins von beidem bin.

Seit über 100 Jahren wird der 8. März als Internationaler Frauentag gefeiert. An diesem Tag demonstrieren Frauen weltweit für ihre Rechte. Denn noch immer haben Frauen deutlich weniger Vermögen und Einkommen als Männer, sie sind rechtlich und gesellschaftlich oft benachteiligt und vielfach von Gewalt bedroht.
Und in Deutschland? Haben wir als westliche Industrienation schon alles erreicht? Sogar mehr als das suggerieren neueste Diskussionen und Demonstrationen. Sie postulieren, dass die gesellschaftlichen Maßnahmen zur Gleichstellung übertrieben seien, dass Männer und Familien diskriminiert würden und dass es gar eine Gefahr für Kinder und das Fortbestehen der Gesellschaft gäbe. Im O-Ton heißt es beispielsweise auf der Homepage der Initiator_innen der sogenannten „Demo für alle“: „Jede aktive Indoktrination der Kinder im Sinne des Gender-Mainstreaming, z.B. durch Infragestellung der natürlichen Geschlechter und Familienbilder, muss gestoppt werden.“
Verkehrte Welt? Welche „natürliche“ Ordnung hier wohl gemeint ist? Faktisch sind Männer und Frauen in Deutschland nicht wirklich gleichgestellt. Weder haben sie dieselben Zugänge zu Führungsjobs, noch verdienen sie das Gleiche. Um das zu erkennen, reicht ein Blick in die Daten des Bundesamts für Statistik. Auch in Familie und Kindererziehung sind die Rollen starr unterschiedlich verteilt und Bilder von wahrer Weiblichkeit und Männlichkeit schränken die Freiheiten für beide Geschlechter enorm ein.

Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung Fortschritte auf dem Feld der Gleichstellung und Vielfalt der Lebensweisen wünscht. Für viele Menschen ist Offenheit und Akzeptanz bereits gelebter Alltag. Sie kennen und mögen das lesbische Elternpaar von Maja aus der Kita und sehen nicht ein, warum Männer keine aktiven Väter sein sollten, wenn der Erziehungsurlaub nur nicht immer an den Finanzen scheitern würde. Dass die Gleichheit aller für alle gut wäre, ist eine Standardüberzeugung der jungen Generation.

Eigentlich gibt es nur einen Weg, um diese Fortschritte zu verhindern: Die Gleichstellung muss zum Objekt von Verschwörungstheorien gemacht werden. Die Demonstrationen der neuen Ungleichheitsfreund_innen dienen diesem Ziel. Menschen sollen Ängste vor Frauen- und Minderheitenrechten und vor alternativen Lebensentwürfen entwickeln. Die Drohkulisse dafür ist die Schimäre „Abschaffung der heterosexuellen Familie“; es wird eine Zwangsangleichung der Geschlechter und eine „Sexualisierung“ der Kinder erfunden. Mit diesen Befürchtungen wird versucht, die Überlegenheit der eigenen Lebensform herbeizureden und Vorherrschaft zu stabilisieren. Sind andere weniger wert, weil sie scheinbar unnormal oder amoralisch sind, kann das eigene Selbstbewusstsein erhöht werden. Dieser Trick ist altbekannt und funktioniert auch bei Rassismus und anderen Abwertungsideologien.
Wir rufen auf, sich am 8. März an Aktionen zu beteiligen und sichtbar zu sein. Das Geschlecht eines Menschen, sexuelle Orientierung oder andere Zugehörigkeiten dürfen nicht länger Grund für Diskriminierung und Gewalterfahrung sein.
Gute Treffpunkte zum Internationalen Frauentag bieten die Veranstaltungen von Mitgliedern des Netzwerks – Informationen, Party und Raum für Diskussionen: www.netzwerk-lsbttiq.net/index.php/termine/frauentag

Mannheim:

  • Infostände auf dem Paradeplatz – Mannheimer Frauen für Frieden, Brot und Rosen
    Wann: Samstag, 7. März 2015, 11:00 bis 14:00 Uhr
    Wo: Quadrat O1, auf dem zentral in der Innenstadt gelegenen Paradeplatz
    Wer: Offenes Netzwerk Mannheimer Frauen
    Mehr: www.plus-mannheim.de, team@plus-mannheim.de
  • Party und Plakate der Zeitgeschichte zum 8. März – „Eine Revolution auf die ich nicht tanzen kann, ist nicht meine Revolution“ (Emma Goldmann)
    Wann: Samstag 7. März 2015, 20:00 open end, gegen Spende
    Wo: Mannheim, Musikinsel, Diffenestr. 10, 68169 Mannheim
    Wer: Paisley-Party
    Mehr: einfach hingehen und gute Laune mitbringen.
  • Podiumsdiskussion zu „Lesbischer Sichtbarkeit“ – Mit Stephanie Kuhnen (L-Mag) und Sabine Arnolds (phenomenelle.de)
    Wann: Montag 9. März 2015, Beginn: 19:30 Uhr
    Wo: PLUS e.V., Alphornstr. 2a, 68169 Mannheim. Eintritt frei
    Wer: PLUS. Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e.V.
    Mehr: www.plus-mannheim.de, team@plus-mannheim.de
  • Vortrag zum Frauenwiderstandcamp im Hunsrück – Lesbische Frauen für Lesbische Frauen für Frieden, gegen Krieg und Männergewalt
    Wann: Dienstag 14. April 2015, 19:00 bis 21:00 Uhr
    Wo: Mannheim, Stadthaus Mannheim, N 1
    Wer: Lesbisch-Schwule Geschichtswerkstatt Heidelberg-Mannheim-Ludwigshafen,
    Offenes Frauennetzwerk Mannheim, N.N.Netzwerk

Stuttgart:

  • Fotoaktion ?! Frau gleich Mann !? – Fotoaktion zum Internationalen Frauentag
    Wann: Samstag 7. März 2015, 13:00 bis 15:00 Uhr
    Wo: Stuttgart, Schlossplatz
    Wer: AK Autonome Frauenprojekte
    Mehr: www.frauenberatung-fetz.de, m.roemmele@frauenberatung-fetz.de

Tübingen:

  • Jung*Feministin trifft Alt*Feministin – Anne Wizorek im Gespräch mit Susanne Maurer über einen Feminismus von heute
    Wann: Samstag 14. März 2015, 20:15 bis 22:15 Uhr
    Wo: d.a.i. – Deutsch-Amerikanisches Institut, Karlstr. 3, 72070 Tübingen. Eintritt frei
    Wer: BAF e.V. – Bildungszentrum und Archiv zur Frauengeschichte Baden-Württembergs,
    Frauenbuchladen Thalestris, Freies Radio Wüste Welle, Frauencafé „achtbar“ (Bewirtung)
    Mehr: www.baf-tuebingen.de/aktuell.html, info@baf-tuebingen.de