100 Jahre Wahlrecht für Frauen – Eine erkämpfte Selbstverständlichkeit!

Freiburg, 7. März 2018

PRESSEMITTEILUNG

Zum Internationalen Frauentag 2018 erinnert das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg an die Vorkämpfer_innen für das Wahlrecht von Frauen. Schon immer waren auch Lesben, bisexuelle und transsexuelle Frauen dabei und wichtige Mitstreiter_innen und Initiator_innen.

100 Jahre Frauenwahlrecht sind ein Erfolg der Frauenbewegung und zugleich ein Skandal in der Menschheitsgeschichte. Erst seit 1918 dürfen sich weibliche Menschen in Deutschland an politischen Prozessen beteiligen. Zuvor waren sie unmündige Anhängsel ihrer Ehemänner oder Väter. Und heute? Die Gleichberechtigung von Menschen unterschiedlicher geschlechtlicher Identitäten ist heute noch immer nicht hergestellt. In vielen Teilen der Welt wird Mensch mit Mann gleichgesetzt. Frauen werden nach wie vor diskriminiert. Lesben, bisexuelle Frauen oder transsexuelle Frauen finden oft keine Erwähnung und werden so unsichtbar gemacht. Mit der fehlenden Öffentlichkeit fehlt auch die Berücksichtigung bei politischen Entscheidungen, in gesellschaftlichen Diskussionen, bei der Aufmerksamkeit für besondere Problemlagen.

„Der Kampf für Frauenrechte ist nach 100 Jahren bei weitem noch nicht vorbei, gerade auch deswegen feiern wir heute die mutigen Streiter_innen, die damals auf der Straße und in den Versammlungsräumen stritten, und die sogar Verhaftungen und Gewalterfahrung riskierten, um für ihre Menschenrechte einzutreten.“, so Tamara Kailuweit, Mitglied des Sprechenden-rates des Netzwerkes LSBTTIQ Baden-Württemberg. Sie wollten die Hälfte der Welt und begnügten sich nicht nur mit dem, was die männliche Welt ihnen in dieser Zeit zugestehen wollte. Oft engagierten sich Frauen, die keinem Mann verpflichtet waren, weil sie nicht heiraten wollten. Viele hatten sehr enge Beziehung zu ihren Mitstreiter_innen. Oft war es auch Liebe, die diese Frauen mit anderen Frauen verband – so die Sicht von heute. Verheiratete Frauen wurden oft von ihren Männern in ihrer Eigenständigkeit beschränkt, weil sie um Ruf und Ehre der Familie fürchteten, weil Frauen nicht als gleichwertig geachtet wurden und Männer sich die Dominanz über die „andere“ Hälfte der Menschheit nicht nehmen lassen wollten. Es bedurfte deshalb unabhängiger und eigenwilliger Frauen, um solche Regeln zu sprengen und Freiheit zu fordern. Frauen, die sich zum Teil im Verborgenen, zum Teil auch öffentlich, das Recht nahmen, zu leben und zu lieben wie sie wollten.

Im öffentlichen Erinnern wird häufig vergessen, dass es so viele engagierte Vorkämpfer_innen der ersten Frauenbewegung in Deutschland gab, die sich ihre Beziehungsformen nicht diktieren ließen und Lieben und Begehren jenseits heterosexueller Modelle lebten. Sie sind in Deutschland wichtige Vorreiter_innen für die selbstbestimmte Sexualität von Frauen. Sie haben für alle Frauen, egal ob in hetero-, bisexuellen oder lesbischen Lebensformen lebend, wichtige Grundlagen für ein Leben in Würde und Gleichheit geschaffen. Und sie haben für das Recht gestritten, selbständig über das eigene Leben entscheiden zu können; ein Kampf, der auch entschieden transsexuelle und transgender Frauen miteinschließt.

Was auch nicht vergessen werden darf: Frauenrechte sind auch Menschenrechte. Der Kampf um die Anerkennung von Frauenrechten hilft allen Menschen, auch schwulen, bisexuellen oder transsexuellen Männern und transgender oder intersexuellen Menschen. Die Missachtung von Frauenrechten ist ein erheblicher Mangel an der Verwirklichung allgemeiner Menschenrechte. Überall auf der Welt geht Frauenfeindlichkeit regelmäßig mit Homo- oder Transfeindlichkeit Hand in Hand; die Erkämpfung von Frauenrechten wiederum war und ist auch ein bedeutender Schritt zu einer größeren Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Dazu Mathias Falk vom Sprechendenrat des Netzwerkes LSBTTIQ: „Zum Internationalen Frauentag am 8. März gedenken wir 2018 den Leistungen dieser Menschenrechtsaktivist_innen und solidarisieren uns mit allen Frauen weltweit, die noch immer für ihre grundlegenden Mitbestimmungsrechte kämpfen müssen.“
Verschiedene Gruppen unseres Netzwerks sind auch in diesem Jahr mit Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag präsent. Detaillierte Beschreibungen der einzelnen Veranstaltungen finden Sie auf unserer Homepage.

Hier ein Überblick über die Termine. Alle Menschen sind herzlich eingeladen!

Mannheim
◦ Lesung mit Tanja Witte „bestenfalls alles“
(Mittwoch 7.3., 19:30 bis 21:30 Uhr, im COMMUNITYartCENTERmannheim, Mittelstrasse 17)
◦ Workshop „Das Outing zahlt sich aus!?“ – Offen lesbisch und erfolgreich im Beruf
(Freitag 16.3., 16:00 bis 19:00 Uhr, bei PLUS e.V., Max-Joseph-Str.1, Anmeldung erforderlich)
◦ Vorbereitungstreffen für den Dyke*March Rhein-Neckar unter dem Motto
„Herbei mit den Frauen*rechten! Heraus mit der Lesbengeschichte!“
(Mittwoch 19.3., 19:00 bis 21:00 Uhr, im Stadthaus N1)

Stuttgart
◦ GOOD NEWS – Zeitungsperformance der autonomen Frauenprojekte
(Donnerstag 8.3., 11:00 bis 13:00 Uhr, am Marktplatz)
◦ Nachttanzdemonstration unter dem Motto From #metoo to #wetoo – let´s start a revolution
(Donnerstag 8.3., 19:30 bis 22:30 Uhr, am Marktplatz)
◦ Smartmob für eine Wahlrechtsreform JETZT! des Landesfrauenrat
(Donnerstag 8.3., 13:30 bis 14:30 Uhr, Schlossgarten beim Eckensee vor dem Opernhaus)

Über das Netzwerk: Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queeren (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen. Das Netzwerk zeigt damit bereits die Vielfalt und die Vielgestaltigkeit von Geschlecht und sexueller Orientierungen. Ziel des Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen LSBTTIQ-Mitgliedsgruppen auf Landesebene zu fördern und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren, zu zentralen Themen gemeinsame Positionen zu erarbeiten und gegenüber landespolitischen Entscheidungstragenden zu vertreten. Dabei greift das Netzwerk auf die vorhandenen Kompetenzen und Expertisen der Mitglieder zurück. Die Bündelung der Aktivitäten vor Ort erbringt Synergieeffekte, die den gesellschaftlichen Beitrag der Mitgliedsgruppen wirkungsvoller gestaltet. Die Eigenständigkeit jedes Mitglieds wird respektiert und alle Mitglieder arbeiten gleichberechtigt.

Kontakt zu Geschäftsstelle: kontakt@netzwerk-lsbttiq.net
Kontakt zum Sprechendenrat: sprechendenrat@netzwerk-lsbttiq.net
Mehr Informationen zum Netzwerk: www.netzwerk-lsbttiq.net
Netzwerk bei Facebook: www.facebook.com/lsbttiq

LSBTTIQ: Die Abkürzung steht für einzelne Richtungen in der vielfältigen Regenbogen-Gemeinschaft – lesbisch (L), schwul (S), bisexuell (B), transgender (T), transsexuell (T), intersexuell (I), queer (Q).