Sowohl offline Als auch online: Hass gegen LSBTTIQ ist keine Meinung
Stuttgart, 29. April 2020
PRESSEMITTEILUNG
Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg zeigt sich zutiefst bestürzt über die von Dr. Metin Cakir, Funktionsoberarzt bei der HELIOS Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe, via Twitter verbreitete Aussage, es handle sich bei Homosexualität und Transsexualität um Krankheiten. Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg fordert eine klare, öffentliche Stellungnahme von der HELIOS Kliniken GmbH sowie eine eindeutige Entschuldigung von Dr. Metin Cakir und regt dazu an, angemessene Qualifizierungsmaßnahmen zur Gleichstellung von LSBTTIQ im Gesundheitswesen voranzubringen.
Bereits am vergangenen Montag, den 27. April 2020, veröffentlichte Dr. Metin Cakir über den Nachrichtendienst Twitter die folgende Aussage: „Bir hekim olarak Eşcinselliğin, transsexuelliğin hastalık olduğunu belirtmek isterim.” Dies kann in etwa mit „Als Arzt möchte ich darauf hinweisen, dass Homosexualität und Transsexualität Krankheiten sind” übersetzt werden. Offenbar in wenigen Stunden wurde dieser Beitrag nicht nur mehr als 58.000 Mal mit einem Like versehen, sondern darüber hinaus auch fast 7.000 Mal geteilt. Mittlerweile wurde der Tweet dank deutlicher Kritik seitens zahlreicher Follower_innen auf Twitter gelöscht.
Bereits im Jahr 1990 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus der Liste von Krankheiten, der International Classification of Diseases (ICD), entfernt. Auch Transsexualität und Transgender sollen künftig in der neuen ICD, die ab spätestens 2022 in Kraft treten wird, nicht mehr als psychische Störungen aufgeführt werden. Ferner machten zahlreiche Politiker_innen, Expert_innen und Vertreter_innen von LSBTTIQ-Organisationen im Zusammenhang mit einem gesetzlich geplanten Verbot sogenannter „Konversionstherapien” in Deutschland klar, dass LSBTTIQ nicht geheilt werden müssen – weil es sich hierbei eben nicht um Krankheiten handle.
„Dass derartige Äußerungen entgegen des aktuellen, anerkannten Wissenstands ausgerechnet von einem Arzt getätigt werden, macht uns nicht nur fassungslos, es bestürzt uns zutiefst”, sagt Susanne Hun, Mitglied im Sprechendenrat des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg. „In Anbetracht der historischen Entwicklungen zur Kategorisierung von Homosexualität sowie Transsexualität und Transgender als Nicht-Krankheiten ist die Aussage von Herrn Dr. Metin Cakir nicht nur verantwortungslos, es ist eindeutige Hassrede gegen LSBTTIQ und ihre Lebensweisen. Sowohl offline als auch online muss gelten: Hass gegen LSBTTIQ ist keine Meinung!”
Tamara Kailuweit, ebenfalls Mitglied im Sprechendenrat des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg, ergänzt: „Als Reaktionen fordern wir zunächst eine klare, öffentliche Stellungnahme der HELIOS Kliniken GmbH und eine eindeutige Entschuldigung von Herrn Dr. Metin Cakir.” Anschließend müsse über die weiteren Schritte und den kontinuierlichen Einsatz für LSBTTIQ gesprochen werden.
Unabhängig hiervon fordert das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg, dass angemessene Qualifizierungsmaßnahmen, Informations- und Bildungsmaterial sowie konkrete Anlaufstellen zur Gleichstellung von LSBTTIQ im Gesundheitswesen weiter vorangebracht und bekannt gemacht werden.
In weniger als drei Wochen besteht hierzu wieder eine Möglichkeit: Am 17. Mai 2020 wird der Internationale Tag gegen Homophobie (IDAHO) begangen – vor genau 30 Jahren am 17. Mai 1990 strich die WHO Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel für Krankheiten (ICD).
Über das Netzwerk: Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queeren (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen. Das Netzwerk zeigt damit bereits die Vielfalt und die Vielgestaltigkeit von Geschlecht und sexueller Orientierungen. Ziel des Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen LSBTTIQ-Mitgliedsgruppen auf Landesebene zu fördern und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren, zu zentralen Themen gemeinsame Positionen zu erarbeiten und gegenüber landespolitischen Entscheidungstragenden zu vertreten. Dabei greift das Netzwerk auf die vorhandenen Kompetenzen und Expertisen der Mitglieder zurück. Die Bündelung der Aktivitäten vor Ort erbringt Synergieeffekte, die den gesellschaftlichen Beitrag der Mitgliedsgruppen wirkungsvoller gestaltet. Die Eigenständigkeit jedes Mitglieds wird respektiert und alle Mitglieder arbeiten gleichberechtigt.
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LSBTTIQ: Die Abkürzung steht für einzelne Richtungen in der vielfältigen Regenbogen-Gemeinschaft – lesbisch (L), schwul (S), bisexuell (B), transgender (T), transsexuell (T), intersexuell (I), queer (Q).