Mehr Schutz vor physischer und psychischer Gewalt für transgender und transsexuelle Menschen!
Freiburg, 17. November 2022
PRESSEMITTEILUNG
Gewalt gegen trans Menschen hat viele Gesichter. Zum Transgender Day of Remembrance gedenken wir der Mordopfer weltweit, jedoch führt auch psychische Gewalt – in Form von Nicht-Akzeptanz und Diskriminierung – zu vielen Todesfällen durch Suizid. Beides muss dringend verhindert werden!
Seit über zwanzig Jahren wird weltweit am 20. November der Transgender Day of Remembrance (TDoR) begangen. Auch wir gedenken an diesem Tag aller Opfer transfeindlicher Gewalt und möchten darauf aufmerksam machen, wie gefährlich das Leben für trans Personen auch heute noch ist. Wieder sind in diesem Jahr mehr als 300 Mordopfer zu beklagen, und immer noch betrifft diese Gewalt zu 95 % transfeminine Menschen. Allerdings sind diese Zahlen keinesfalls vollständig, weil es bspw. in vielen afrikanischen und asiatischen Ländern nur wenig zivilgesellschaftliche Gruppen gibt, die solche Gewaltverbrechen erfassen.
Auch in Deutschland betrauern wir in diesem Jahr den Mord an einer trans Person. Der Fall des 25-jährigen Malte C. hatte Anfang September ein großes Echo in den Medien ausgelöst. Malte wurde am Rande des CSD in Münster angegriffen, als er Frauen zur Hilfe eilte, die homophob beleidigt wurden. Später erlag er seinen schweren Verletzungen. Dies war nicht der einzige, gleichwohl der schlimmste Fall von Gewalt bei den diesjährigen CSD-Veranstaltungen in Deutschland.
„Wir müssen dringend nach Wegen suchen, um diese Formen der Hasskriminalität wirksam zu verhindern“, sagt Svenja Angerer vom Sprechendenrat des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg. „Hier ist die Politik gefordert. Eine systematische Erfassung aller Straftaten mit queerfeindlichem Hintergrund kann dabei nur der erste Schritt sein.“
Gerade im Zuge des von der Bundesregierung geplanten Gesetzes zur Selbstbestimmung des Geschlechtseintrags, das von den meisten trans Personen als überfällig herbeigesehnt wird, hat sich der Ton der Gegner_innen des Gesetzes noch einmal deutlich verschärft; die pseudowissenschaftliche Argumentation auf „biologischer Ebene“ hat dabei radikale Züge angenommen.
„Wenn Gegner_innen des Selbstbestimmungsgesetzes sogar die Existenz von trans Menschen negieren, ist dies eine Form von Gewalt, die auf zwei Ebenen wirkt“, mahnt Janka Kluge, Mitglied des Sprechendenrats. „Zum einen wird hierdurch die Schwelle für transfeindlich motivierte Gewalt herabgesetzt. Zum anderen ist dies eine eigene Form von psychischer Gewalt an trans Personen, die bei vielen Menschen zu seelischen Verletzungen führt – im schlimmsten Fall bis zum Suizid.“
Tatsächlich ist die Zahl der erfassten Suizide von trans Personen auf 51 gestiegen, wobei auch hier von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist. Betroffen sind vor allem junge Menschen in den westlichen Ländern. Mit nur 10 Jahren hat sich ein trans Junge aus Kanada das Leben genommen. In Deutschland ereignete sich der traurige Fall einer 52-jährigen trans Frau, die sich in einem Männergefängnis in Hamburg das Leben nahm, nachdem sie von ihren männlichen Mitinsassen massiv gemobbt worden war. Trans Frauen in Männergefängnissen unterzubringen, ist eine der Hauptforderungen der Gegner_innen des Selbstbestimmungsgesetzes.
Im Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg haben sich viele Gruppen auch in diesem Jahr wieder engagiert, um den Transgender Day of Remembrance mit zahlreichen Veranstaltungen würdig zu begehen und allen Formen transfeindlicher Gewalt die Stirn zu bieten. Die detaillierten Beschreibungen der einzelnen Veranstaltungen finden sich auf unserer Homepage unter https://www.netzwerk-lsbttiq.net/tdor.
Hier ein Überblick über ausgewählte Termine.
Alle Menschen sind herzlich eingeladen, denn der TDoR geht alle an!
Freiburg
◦ 20.11.2022, Beginn 16 Uhr. Trans* Day of Remembrance
Heidelberg
◦ 13.11.2022, Beginn 14 Uhr. Workshop: Religion und Queerfeindlichkeit
◦ 18.11.2022, Beginn 18 Uhr. Workshop: Sexuelle Gesundheit steht mir zu!
◦ 20.11.2022, Beginn 11 Uhr. Filmvorführung und -gespräch: Mein Name ist Violeta
Karlsruhe
◦ 14.–16.11.2022. Trans Awareness Week
◦ 20.11.2022, Beginn 18 Uhr. Mahnwache zum Transgender Day of Remembrance
Mannheim
◦ 07.11.2022, Beginn 17 Uhr. Sondercheckpoint für trans, inter und nicht-binäre Menschen
◦ 12.11.2022, Beginn 19 Uhr. Trans Lust Rhein-Neckar
◦ 16.11.2022, Beginn 18 Uhr. Empowerment Workshop: Superpower Trans*
◦ 19.11.2022, Beginn 14 Uhr. Workshop: Eure Themen im Theater
◦ 20.11.2022, Beginn 15 Uhr. TDoR Gedenkmarsch
Stuttgart
◦ 20.11.2022, Beginn 15:30 Uhr. Transgender Day of Remembrance Stuttgart
Über das Netzwerk: Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queeren (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen. Das Netzwerk zeigt damit bereits die Vielfalt und die Vielgestaltigkeit von Geschlecht und sexueller Orientierungen. Ziel des Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen LSBTTIQ-Mitgliedsgruppen auf Landesebene zu fördern und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren, zu zentralen Themen gemeinsame Positionen zu erarbeiten und gegenüber landespolitischen Entscheidungstragenden zu vertreten. Dabei greift das Netzwerk auf die vorhandenen Kompetenzen und Expertisen der Mitglieder zurück. Die Bündelung der Aktivitäten vor Ort erbringt Synergieeffekte, die den gesellschaftlichen Beitrag der Mitgliedsgruppen wirkungsvoller gestaltet. Die Eigenständigkeit jedes Mitglieds wird respektiert, und alle Mitglieder arbeiten gleichberechtigt.
Kontakt zu Geschäftsstelle: kontakt@netzwerk-lsbttiq.net
Kontakt zum Sprechendenrat: sprechendenrat@netzwerk-lsbttiq.net
Mehr Informationen zum Netzwerk: www.netzwerk-lsbttiq.net
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LSBTTIQ: Die Abkürzung steht für einzelne Richtungen in der vielfältigen Regenbogen-Gemeinschaft – lesbisch (L), schwul (S), bisexuell (B), transgender (T), transsexuell (T), intersexuell (I), queer (Q).