Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Freiburg, 18. Januar 2023

PRESSEMITTEILUNG

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit. Seit 1996 ist der 27. Januar in der Bundesrepublik Deutschland Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Zum ersten Mal wird im Deutschen Bundestag auch der lsbttiq Opfer offiziell gedacht.

Für Sichtbarkeit und Inklusion – gegen Vergessen und Opferhierarchisierung

Im Deutschen Bundestag wird dieses Jahr zum ersten Mal offiziell auch der – in unserem heutigen Sprachgebrauch – z. B. lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen, queeren (kurz: lsbttiq) sowie heterosexuellen Menschen gedacht, die nicht in das nationalsozialistische Weltbild von Geschlechtern, Liebe, Zuneigung und Begehren passten. Bei diesem inklusiven Gedenken geht es um Sichtbarkeit und Erinnern an alle Opfer und Überlebende, nicht um eine Hierarchisierung von Verfolgungsgründen.

Und in Baden-Württemberg?

Lange musste um die Anerkennung des Leids queerer NS-Opfer gekämpft werden. Diesem Kampf widmet sich eine Veranstaltung im „Hotel Silber“, dem ehemaligen Sitz der Gestapo von Württemberg und Hohenzollern in der Dorotheenstraße 10 in Stuttgart am 22. Januar 2023.

Seit 2021 erfolgt erfreulicherweise die wissenschaftliche Aufarbeitung von lesbischen* Lebenswelten im Südwesten an den Universitäten Freiburg und Heidelberg in Ergänzung zum Forschungsprojekt der Universität Stuttgart mit Schwerpunkt auf der Verfolgung von Homosexuellen nach § 175. Das angekündigte Modul zur Erforschung von Lebenssituationen sog. geschlechtlicher Minderheiten, d. h. Menschen, die wir heute als trans*, nicht-binär oder inter* bezeichnen, während der NS- und in der Nachkriegszeit steht leider noch immer aus. Dabei wäre es gerade in diesem Bereich sehr wichtig, Wissen auf- und Vorurteile abzubauen.

Bedauerlicherweise entschied das Land Baden-Württemberg, dem Bildungszentrum und Archiv zur Frauen*Lesbengeschichte Baden-Württembergs e. V. (baf) keine weitere finanzielle Unterstützung zu gewähren. Ohne eine dauerhafte finanzielle Absicherung ist das baf nicht in der Lage, weiterhin baden-württembergische Frauen*Lesbengeschichte zu sammeln und zu sichern. Die bundesweit als Leuchtturmprojekt eingeordnete baf-Bewegungskarte wird verschwinden. Eine nachhaltige finanzielle Förderung, analog anderer Bundesländer, ist unabdingbar: Nur so lässt sich das von ehrenamtlichen baf-Angehörigen erarbeitete Wissen erhalten, weitergeben und fortschreiben statt verloren zu gehen.

Über das Netzwerk: Das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg ist ein überparteilicher und weltanschaulich nicht gebundener Zusammenschluss von lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queeren (LSBTTIQ) Gruppen, Vereinen und Initiativen. Das Netzwerk zeigt damit bereits die Vielfalt und die Vielgestaltigkeit von Geschlecht und sexueller Orientierungen. Ziel des Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen LSBTTIQ-Mitgliedsgruppen auf Landesebene zu fördern und den Erfahrungsaustausch zu intensivieren, zu zentralen Themen gemeinsame Positionen zu erarbeiten und gegenüber landespolitischen Entscheidungstragenden zu vertreten. Dabei greift das Netzwerk auf die vorhandenen Kompetenzen und Expertisen der Mitglieder zurück. Die Bündelung der Aktivitäten vor Ort erbringt Synergieeffekte, die den gesellschaftlichen Beitrag der Mitgliedsgruppen wirkungsvoller gestaltet. Die Eigenständigkeit jedes Mitglieds wird respektiert und alle Mitglieder arbeiten gleichberechtigt.

Kontakt zu Geschäftsstelle: kontakt@netzwerk-lsbttiq.net
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LSBTTIQ: Die Abkürzung steht für einzelne Richtungen in der vielfältigen Regenbogen-Gemeinschaft – lesbisch (L), schwul (S), bisexuell (B), transgender (T), transsexuell (T), intersexuell (I), queer (Q).