Trans und nicht-binäre Personen in ihrem Geschlecht anerkennen!
Freiburg, 17. November 2023
PRESSEMITTEILUNG
Zum Transgender Day of Remembrance gedenken wir der Mordopfer weltweit und verurteilen jegliche Form der Gewalt gegen trans Personen. Die vollständige rechtliche Gleichstellung von trans Personen ist die wichtigste Grundvoraussetzung, um Diskriminierung und Gewalt wirksam einzudämmen.
Jedes Jahr am 20. November begehen wir den Transgender Day of Remembrance (TDoR) und gedenken weltweit der Opfer transfeindlicher Gewalt. Auch in diesem Jahr erreichen uns Nachrichten von ermordeten trans Personen, von Menschen, die verfolgt und angefeindet werden, weil ihr Geschlecht nicht dem entspricht, was ihnen von anderen zugeschrieben wird.
Das vergangene Jahr war geprägt von den Debatten rund um das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das künftig eine Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag durch Selbstauskunft beim Standesamt ermöglichen soll. Es besteht nun endlich die Aussicht, diese für trans Personen so wichtigen Schritte in absehbarer Zukunft ohne Gerichtsverfahren und ohne kostenaufwendige psychologische Zwangsgutachten durchführen zu können. Dies sollte eigentlich ein Grund zum Feiern sein, löst das SBGG endlich das seit Jahren in Teilen als verfassungswidrig erklärte Transsexuellengesetz von 1980 ab. Leider ist es den Gegner_innen des Selbstbestimmungsgesetzes gelungen, viele ihrer Ängste und Vorbehalte in den Gesetzestext einfließen zu lassen.
„Herausgekommen ist ein Gesetzesentwurf des Misstrauens“, sagt Janka Kluge, Mitglied des Sprechendenrats des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg und ergänzt: „Wie der ausdrückliche Verweis auf Vertrags- und Hausrecht zeigt, geht es dem Gesetzgeber nicht um eine vollständige rechtliche Gleichstellung von trans Personen.“ „Dabei wäre die kompromisslose Anerkennung und Akzeptanz von trans und nicht-binären Menschen in ihrem Geschlecht eines der wichtigsten Signale, um Hass und Gewalt einzudämmen“, ergänzt Jj Link vom Sprechendenrat des Netzwerks, „so ist es nicht verwunderlich, dass Hassverbrechen gegen trans Personen gerade in jenen Ländern ansteigen, in denen Politiker_innen trans Personen diese Anerkennung verwehren.“
In Großbritannien, wo sich u. a. Politiker_innen wie Premierminister Sunak, die inzwischen abgesetzte Innenministerin Braverman oder die bekannte Schriftstellerin J. K. Rowling offen und medienwirksam transfeindlich äußern, belegen jüngste Statistiken einen deutlichen Effekt auf transfeindlich-motivierte Hasskriminalität. So sind Angriffe auf trans Personen um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf traurige 4.732 Fälle gestiegen, während die Anzahl der Verbrechen in anderen Bereichen im selben Zeitraum eher rückläufig war [Link zur Statistik]. „Diese Zahlen sind schockierend“, sagt Corinna Wintzer, ebenfalls Mitglied des Sprechendenrats, „die Politik sollte sich gerade auch in Deutschland bewusst machen, welche Verantwortung sie gegenüber trans Personen trägt und welche verheerenden Auswirkungen eine halbherzige Gleichstellungspolitik haben kann.“
Wer in Baden-Württemberg transfeindliche Gewalt erfährt, hat inzwischen mehrere Möglichkeiten, adäquate Hilfe zu finden. Neben unserem Beratungsnetzwerk inklusive Online-Beratung (https://www.beratung-lsbttiq.net/) wurde im Mai 2023 die Landeskoordinationsstelle Opferberatung ins Leben gerufen, die sich auf die Versorgung von trans, inter und nicht-binären Opfern von Gewalt spezialisiert hat (Kontakt: gewaltschutz@netzwerk-lsbttiq.net).
Im Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg haben sich viele Gruppen auch in diesem Jahr wieder engagiert, um den Transgender Day of Remembrance mit zahlreichen Veranstaltungen würdig zu begehen und allen Formen transfeindlicher Gewalt die Stirn zu bieten. Die detaillierten Beschreibungen der einzelnen Veranstaltungen finden sich auf unserer Homepage unter https://netzwerk-lsbttiq.net/transgender-day-of-remembrance/.
Hier ein Überblick über ausgewählte Termine.
Alle Menschen sind herzlich eingeladen, denn der TDoR geht alle an!
- 20.11.2023 von 15:00 Demo, 16:00 Mahnwache bis 19:00 Uhr. TDoR Mahnwache & Demonstration
- 18. und 19.11.2023 von 12:00 bis 16:00 Uhr. Workshop für QT*I BI_PoC: Selbstverteidigung mit Shivā
- 21.11.2023 von 18:00 bis 20:00 Uhr. Briefaktion: Solidarität mit inhaftierten Queers!
- 23.11.2023 von 18:00 bis 21:00 Uhr. Argumentations- und Handlungstraining gegen Trans*feindlichkeit
- 26.11.2023 von 15:00 bis 17:30 Uhr. How to be trans* in a cis world – Empowerment für queere Jugendliche
- 13.11.2023 von 16:00 bis 19:00 Uhr. Squeere Dance@LA ViE
- 14.11.2023 von 17:00 bis 20:00 Uhr. PridePictures@LA ViE
- 15.11.2023 von 16:00 bis 19:00 Uhr. Zines-Bastelabend: Kreativ@LA ViE
- 20.11.2023 von 18:00 bis 19:00 Uhr. Demonstration: Gedenkveranstaltung zum Transgender Day of Remembrance
- 01.11.2023 von 14 bis 16:30 Uhr. Workshop: Konsens, Safer Sex und sexuelles Wohlbefinden
- 02.11.2023 von 19:30 bis 21:00 Uhr. Sextoy-Info-Abend: Trans*Lust – Queere Toy Night
- 05.11.2023 von 10:00 bis 15:00 Uhr. Hybrid-Workshop für trans*, inter* und nicht-binäre Personen: Gemeinsam mutig sein. Sicherheit wird gelebt und nicht gerufen.
- 09.11.2023 und 22.11.2023 jeweils von 18:00 bis 19:30 Uhr. HIV-/STI-Testabend: Checkpointangebot für trans*, inter* und nicht-binäre Menschen
- 12.11.2023 von 14:00 bis 17:00 Uhr. Kleidertauschparty für junge Queers
- 19.11.2023 von 16:00 bis 20:00 Uhr. Trans Day of Remembrance – Tag des Gedenkens an die Opfer von Trans*feindlichkeit
Der Text der Pressemitteilung als pdf-Datei findet sich hier.